Freitag, 22. Juli 2011

Nur ein "bisschen" Pleite?!

Ich berichtete letzte Woche erst von den erschreckend hohen Renditen der PIIGS. Die zweijährigen Staatsanleihen Griechenland erreichten im Laufe der Woche ein Hoch von sage und schreibe 40.461% (Quelle: Bloomberg). Die Renditen sind aber mittlerweile gefallen. Die zweijährigen Anleihen Griechenlands liegen "nur noch" bei 29.584%. Der Grund dafür? Die Euro-Regierungschefs haben sich geeinigt. Das nächste "Rettungspaket" für Griechenland ist durch und die Kompetenzen des Euro-Rettungsschirms ESEF werden erweitert. Die Details kann man etwa in diesem Artikel lesen: Worauf sich die Griechen-Retter geeinigt haben.

Die Reaktionen auf das Griechenlandpaket sind vielfältig. Vom üblichen "Politkergeschwätz":
"Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, Europa habe eine "wichtige Etappe erreicht", die Euro-Zone habe Handlungsfähigkeit bewiesen. "Was wir Deutschen für einen stabilen Euro aufwenden, bekommen wir um ein Vielfaches zurück", sagte die Kanzlerin."
Über Gejammer der Banken wegen der "freiwilligen" Beteiligung:
"Angesichts dieser Summen sehen Banken und Versicherungen ihren freiwilligen Beitrag an dem neuen Hilfspaket als schweres Opfer: "Ja, das trifft uns hart", sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann dem ZDF. "
Der angesprochene "freiwillige" Beitrag wird von den Ratingagenturen wohl als Zahlunsausfall bewertet werden:
"Zur Griechenland-Rettung brechen die Staaten ein Tabu : Sie nehmen einen teilweisen Zahlungsausfall Griechenlands in Kauf. Denn die Einbeziehung privater Gläubiger wird wohl dazu führen, dass die Rating-Agenturen Griechenland für "teilweise zahlungsunfähig" erklären."
"Teilweise" Zahlungsunfähig? Griechenland nur ein "bisschen" Pleite? Ist der Euro gerettet? Wird jetzt alles gut? Noch lange nicht...


Bei zerohedge.com findet sich eine Interessante Analyse: The Fatal Flaws Europe's Second "Bazooka" Bailout, die ich kurz zusammenfassen will. Ein wichtiger Punkt beim Rettungspaket ist dieser:
"Um zu vermeiden, dass die Krise weitere Euro-Länder erfasst, werden die Möglichkeiten des europäischen Rettungsfonds EFSF erweitert. Der Fonds soll künftig Anleihen am Sekundärmarkt kaufen können - allerdings nur unter restriktiven Bedingungen: sowohl die Europäische Zentralbank als auch die 17 Euro-Staaten müssen den Käufen zustimmen. Um eine Ausweitung der Krise auf andere Euro-Länder zu verhindern kann der EFSF zudem künftig Euro-Staaten als Vorsichtsmaßnahme Kreditlinien zur Verfügung stellen. Diese Kreditlinien dienen als Abschreckung gegen Spekulanten. Sie sollen im Normalfall nicht in Anspruch genommen werden." (Quelle: Spiegel.de)
Sollten die Sorgen der Finanzmärkte um die Krisenländer weitergehen, so muss der EFSF - um effektiv zu sein - den Rettungsschirm auch auf Länder wie Italien und Belgien ausweiten:
"In a just released report by Bernstein, which has actually done the math on the required contributions to the EFSF by the core countries, the bottom line is that for an enlarged EFSF (which is what its blank check expansion today provided) to be effective, it will need to cover Italy and Belgium." (Quelle: zerohedge.com)
In der Analyse wird durchgerechnet was denn passiert, wenn sich Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien und Belgien über den ESEF refinanzieren müssen. Da eine private Beteiligung, wie von den Ratingagenturen angekündigt, zu einem "teilweisen" Zahlungsausfall führt, kommen auf die Banken wohl immense Abschreibungen zu. Der Grund dafür ist, dass die Anleihen dann nicht mehr im Anlagebuch, sondern nur noch im Handelsbuch geführt werden können. Im Moment werden die Anleihen meistens "held to maturity", also zum Wert bei Fälligkeit bilanziert und nicht "held for trading", also nach dem aktuellen Marktwert. Tritt aber ein Zahlungsausfall ein, so müssen die Banken den Verlust sofort abschreiben. Das wird einige Banken in die Predulie bringen. Hier mal eine Hochrechnung dazu:

(Quelle: zerohedge.com)


Infolge dessen müssen die Ländern, um eine Kettenreaktion zu verhindern, die kriselnden Banken abermals stützen. Rechnet man nun eine Finanzierung durch den EFSF, inklussive Bankgarantien von etwa 7% der Banken, aus, ergeben sich diese Zahlen:

(Quelle: zerohedge.com)


Es müssten also insgesamt etwa 2,4 Billionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Ausgeschrieben:

2.379.000.000.000 €

In diesem Fall kämen auf den EFSF alleine ein Anteil  von 1,4 Billionen Euro zu:

(Quelle: zerohedge.com)


Dazu kommt noch die 20%ige "Overcollateralization". Schaut man sich nun die Verteilung an, so wird es abenteuerlich. Bei der Verteilung auf die Länder fallen natürlich die Länder raus, die unter dem Schirm landen. Würde auch nicht viel Sinn ergeben, wenn ein gefährdeter Schuldner seine eigenen Schulden garantiert. Rechnet man also die Anteile raus, sieht das so aus:

 (Quelle: zerohedge.com)

Deutschland alleine würde also 791,1 Milliarden Euro zu Schultern haben. Das wären 31,7% des Bruttoinlandsprodukts von 2010. Die Verschuldung würde um 40% Ansteigen und läge bei ca. 110% des BIP.

Tyler Durden hinterfragt in dem Artikel auf zerohedge zurecht, ob es für Deutschland sinnvoll ist ein bisher äußerst ineffektives Konzept zu unterstützen :
"There is a legitimate question whether in particular Germany would see the point of committing that kind of support to a concept that has so far been extremely unsuccessful."(Quelle: zerohedge.com)
Im "worst-case" Szenario eines strauchelnden Frankreichs, wird das noch schlimmer. Deutschland würde dann 1,7 Billionen Euro zur Verfügung stellen müssen:
"It also would expose Germany to a worst case scenario of a French downgrade. Without France, the guarantee need would rapidly move towards the whole of the €1.7trn." (Quelle: zerohedge.com)

Der Euro ist also mitnichten gerettet. Man hat eigentlich nur dafür gesorgt, dass es, wenn es so richtig kracht, die Kettenreaktion noch schlimmer wird. Zur Beruhigung der Finanzmärkte, lässt man die Musik auf der "Titanic" weiterspielen...


Ergänzung: Hier mal noch ein Video. Daraus ein schönes Zitat:
"Zur Zeit optimiert man in der Politik und in den Sachverständigenkreisen nur noch die Fallhöhe" (Quelle: Video bei 6:17)
Andreas Popp: "System vor dem Crash - Run auf Banken hat begonnen." (link)




Anmerkung: Danke an HuangJin für den Hinweis auf den Artikel im gelben Forum. Außerdem Danke an wolfgang-live für den Hinweis auf das Video im gelben Forum.


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